Newsletter des FiReF

Forum für interdisziplinäre Religionsforschung in Göttingen

Maham Naseer, M.A.

Foto Maham NaseerThema der Dissertation in einem Satz:

In meiner Dissertation untersuche ich die geistlichen und mystischen Aspekte der weiblichen Religiosität im indischen Islam anhand des Beispiels der indo-muslimischen Kurtisane Māh Laqā Bāī Čandā (1767–1824) und frage unteranderem, ob Geschlechtlichkeit eine distinguierende Funktion in Bezug auf Religiosität ausübt und wie Māh Laqā aus der Position einer Kurtisane heraus mit normativen Geschlechtsstrukturen in der hochgradig patriarchalen Gesellschaft der indischen Dekkan-Region umgeht.

 

In Göttingen seit: 2005

Studienfächer (Studienort): Islamwissenschaft, Religionswissenschaft, Gender Studies (Göttingen)

Aktuelle Beschäftigung: Doktorandin & Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Religionswissenschaft, Lehrstuhl A. Grünschloß

Forschungsschwerpunkte und Schwerpunkte in der Lehre: Religion und Diversität, Konstruktionen des Feminismus/ islamischer Feminismus; Strukturen der Weiblichkeit und Männlichkeit in patriarchalen Gesellschaften, Kolonialismus und Postkolonialismus im indischen Subkontinent aber auch Sufismus (islamische Mystik) und philosophische sowie intellektuelle Diskurse in der klassischen Zeit des Islam.

Woran haben Sie zuletzt gearbeitet?

Ich arbeite im Moment an meiner Dissertation, in der ich besonders muslimische Frauen als Handelnde in der Geschichte sichtbar machen möchte, nicht nur weil dies für das Verständnis der Selbstverwirklichung von muslimischen Frauen von hoher Relevanz ist, sondern auch deshalb, da durch die Kategorie Gender und die damit verbundene Reflexion von geschlechtlichen und sexuellen Identitäten in Verbindung mit Religiosität ein dringliches Unterfangen darstellt. Die Protagonistin in meiner Forschung, Māh Laqā Bāī Čandā (1767–1824), forderte als einflussreiche Kurtisane aber auch als fromme Muslima, die gesellschaftlichen Normvorstellungen über Weiblichkeit stets heraus: sie war eine unabhängige und selbstständige Performerin und eine Prominente ihrer Zeit, sie verfasste mystisch anmutenden und andachtsvollen, aber auch kritische Liebesgedichte und wirkte unteranderem als Mäzenin in der Öffentlich. Weiblichkeit und Religiosität, religiöse Ergebenheit und weltliche Erotik, künstlerische Performance und spirituelle Mystik waren stets Themen, mit der sie die patriarchale, islamische Gesellschaft des indischen Subkontinents konfrontierte.

Neben meinem Dissertationsprojekt nahm ich als Sprecherin an der diesjährigen internationalen Konferenz “Structuring Diversity – Structuring Religion. Religious Diversity and Human Heterogeneity in Society” in Luzern teil. In diesem Zusammenhang schreibe ich an einem Artikel. An einem weiteren Artikel arbeite ich zur Konferenz „Scharia im Wandel: Religiöse Autoritäten im Kontext von Migration und Medialisierung“, welche in Göttingen stattfand.

Was steht als Nächstes an?

Ich werde noch eine Weile an meiner Dissertation arbeiten. Mein optimistisches Ziel ist es Ende 2024 die Arbeit abzuschließen, insofern ist noch viel zu tun, wenn ich meine Deadline einhalten möchte. Abgesehen davon möchte ich das komplette Divan von Māh Laqā Bāī Čandā (1767–1824) übersetzen, da bisher nur sporadisch ihre Gedichte übersetzt wurden, und sie als erste Dichterin des indischen Subkontinents mehr Aufmerksamkeit finden sollte. Diese Arbeit habe ich zwar schon bedingt durch meine Forschung begonnen, werde sie aber nach dem Abschluss meiner Dissertation vollenden.

Zudem bin ich aktuell auch mit Lehre am Institut für Religionswissenschaft beschäftigt und engagiere mich im Zusammenhang des Zertifikatskurses der Hochschuldidaktik für eine aktive, kommunikative Lehre auf Augenhöhe mit Studierenden.

Was ist für Sie das Besondere an der Göttinger Religionsforschung?

Göttingen ist aufgrund der reichen Vielfalt zur interdisziplinären Vernetzung ein idealer Standort für Religionsforschung. Religionsbezogene Themen sind gerade aufgrund der multikulturellen, multiethnischen und multireligiösen Herausforderungen unserer globalisierte Welt stets präsent und müssen in der Wissenschaft Beachtung finden. Göttingen ergreift dieses Forschungspotential, indem gemeinschaftlich, über- und interdisziplinär nach Antworten gesucht und gearbeitet wird. Das stellt in meinen Augen einen enormen Mehrwert dar und spricht für die Qualität der Göttinger Religionsforschung.